Energieerzeugung im Emsland
Energieland Emsland
Das Emsland hat eine lange Tradition in der Energieerzeugung: Von Torf über die Förderung und Verarbeitung von Erdgas und Erdöl bis hin zum letzten aktiven Atomkraftwerk Deutschlands war alles dabei. Und ist jetzt Schluss? Noch lange nicht: Willkommen im ersten "Hydrogen Valley of the Year" Deutschlands!
Nachhaltigkeit spielte zu Beginn der Energieentwicklung im Emsland so wenig eine Rolle wie an allen anderen Standorten der Energieerzeugung in Deutschland. Das Torfkraftwerk Rühle – das erste emsländische Elektrizitätswerk, das 1925 ans Netz ging und als letztes Torfkraftwerk in Deutschland seinen Betrieb einstellte – markiert vielmehr einen Einstieg in die Energiewirtschaft, der dafür sorgte, dass das einst abgehängte Emsland heute eine wirtschaftlich florierende Region ist.
Mit dem Einstieg in die Energiewirtschaft konnte der Landkreis Emsland in vielen Bereichen investieren: in die Infrastruktur für die Erschließung von Gewerbegebieten, in den Ausbau der Bildungsinfrastruktur, aber auch in jährlich wiederkehrende Zuschüsse für Kultureinrichtungen oder auch die Sozialverbände. Also geht der Landkreis hier mutig weiter voran.
Einsatz für eine dezentrale Energiewende
Längst sorgen die Emsländer dafür, dass ihre Moore geschützt und wo möglich wiedervernässt werden. Darüber hinaus kann das Emsland dank seines Einsatzes für den Energiemix schon seit mehr als 10 Jahren seinen Gesamtstromverbrauch aus Erneuerbaren Energien decken – das Ziel der Bundesregierung von 65 Prozent für 2030 hat das Emsland also schon vor vielen Jahren überschritten. Bereits 2014 wurde das Emsland vom bundesweiten Netzwerk „100% Erneuerbare-Energie-Regionen“ als eine solche ausgezeichnet. Zehn Jahre später ist das Emsland darüber hinaus auch das erste Hydrogen Valley of the Year Deutschlands.
Erneuerbare Energien als Entwicklungsschiene seit den 1990er Jahren
Lange bevor den erneuerbaren Energien im Jahr 2000 ein gesetzlicher Vorrang gegeben wurde, trieben emsländische Ideen den Weg zum Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort bereits voran. Früh setzte sich in der Politik die Prämisse durch, dass das Emsland Energie-Standort bleiben und Vorreiter sein soll.
Deshalb findet man Windkraftanlagen im gesamten Emsland von Anfang an – im Süden des Emslandes, in Salzbergen, allerdings seit 1990 auch deren Produktion. Einer der Pioniere der Windkraft, Franz Tacke, gründete hier die Tacke Windtechnik GmbH, ehemals zweitplatzierter Marktführer in Deutschland und heute als GE-Wind Teil des Weltmarktführers General Electric. Ein weiterer Pionier der Windtechnik stammt aus Rastorf (Werlte) im Norden des Emslandes. Aloys Wobben ist Gründer des Unternehmens Enercon in Aurich, das er durch Windräder mit getriebeloser Technik über Jahre nicht nur zum deutschen Markt- und Technologieführer machte.

Ein emsländisches Projekt zur nachhaltigen Wärmeversorgung diente der Expo 2000 in Hannover als externes Modellprojekt: Bei der Ausweisung eines neuen Wohngebietes in Vrees beschloss die Gemeinde bereits in den 1990er Jahren den Bau eines Holzhackschnitzel-Heizwerks zur kompletten Wärmeversorgung des 12 Hektar großen Wohngebiets, das zwischenzeitlich um ein BHKW als Teil einer Biogasanlage erweitert wurde. Das Projekt lohnt inzwischen nicht nur der Umwelt, sondern schreibt auch schwarze zahlen. Im Jahr 2024 werden in dem ausgezeichneten Bioenergiedorf bereits 60 Prozent der Haushalte im Ortskern von Vrees durch Fernwärme versorgt: fünf Satelliten-BHKWs, die an zwei größere Biogasanlagen angeschlossen sind, liefern insgesamt 3 MW Wärme. 2016 wurde die Gemeinde für die langjährige Entwicklung Erneuerbarer Energien als Klimakommune des Landes Niedersachsen ausgezeichnet. Über Vrees hinaus haben eine ganze Reihe emsländischer Gemeinden über die Nutzung der Abwärme aus örtlichen Biogasanlagen ein Netz zur umweltfreundlichen dezentralen Energieversorgung auf den Weg gebracht. Und die landwirtschaftlichen Betriebe tragen durch die Kombination von Windenergie-, Biogas- und Photovoltaikanlagen dazu bei, die Energiewende weiter voranzutreiben.
Kraftwerk-Land Emsland – von Öl und Gas zu Atom zu Wasserstoff
Der Weg dahin gelang in den 1950er Jahren allerdings über die Rohstoffe Erdöl und Erdgas und die klassische Energie aus Großkraftwerken. Von 1968 bis 2009 haben die VEW beziehungsweise RWE auf die treibende Kraft der emsländischen Entscheider hin den Kraftwerksstandort Emsland durch den Bau verschiedener Kraftwerke (Siedewasserkraftwerk, Erdgasblöcke, Gas- und Dampfkraftwerke) systematisch weiterentwickelt. 1988 ging schließlich in Lingen ein Atomkraftwerk ans Netz, das als eines der sichersten in ganz Europa galt und als letztes deutsches Atomkraftwerk 2023 vom Netz ging.

Für die Erdölförderung im Emsland wurde eine der größten Industrieanlagen der Nachkriegszeit errichtet, die Raffinerie in Lingen, die zeitweise über zehn Prozent des gesamten Benzins in Deutschland produzierte. Die Förderung erreichte im Emsland um 1960 ihren Höhepunkt und ging dann langsam zurück. Heute entsteht neben der Raffinerie das 100 Megawatt-Projekt „Lingen Green Hydrogen“ (LGH2). Es soll die größte bp-eigene industrielle Anlage für grünen Wasserstoff werden. Und die RWE baut im Rahmen des Projekts GET H2 Nukleus auf dem Gelände ihres Gaskraftwerks in Lingen eine 300-Megawatt-Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff.

H2-Region Emsland und erstes "Hydrogen Valley of the Year" Deutschlands
Dass diese Anlagen genau hier entstehen, hat mehrere Gründe. Einer ist das Netzwerk “H2-Region Emsland”, das auf eine der ersten Wasserstoff-Initiativen Deutschlands von 1999 zurückgeht und seit der Gründung im Jahr 2020 zahlreiche Projekte umgesetzt und begleitet und mehr als 100 Veranstaltungen rund um das Thema Wasserstoff organisiert hat. Die Macher-Mentalität der Menschen aus Unternehmertum und Wissenschaft im Netzwerk und die tatkräftige Unterstützung der regionalen Politik haben aus dem losen Netzwerk über die Jahre ein stabiles Gerüst der deutschen Wasserstoffwirtschaft gemacht.

So stabil, dass es am 20. November 2024 in Brüssel hieß: „The Hydrogen Valley of the Year 2024 Award goes to Hydrogen Valley Emsland”! Das Emsland ist nun eines von fast 100 Hydrogen Valleys weltweit – und das erste Hydrogen Valley in Deutschland, das diese prestigeträchtige Auszeichnung erhält. Sie wird von der Clean Hydrogen Partnership der EU vergeben und würdigt die bemerkenswerten Leistungen der regionalen Unternehmen und Institutionen, die mit Engagement und Mut den Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft vorantreiben. Was das genau für Leistungen sind?
Schon heute wird im Emsland mit 22 MW Elektrolyseuren grüner Wasserstoff produziert (6 MW seit 2011 am Standort Werlte (Hy2Gen Atlantis), 2 MW am Standort Haren (CEC Haren), 14 MW in Lingen (RWE) in Form einer Testelektrolyse). Und Lingen soll bis 2027 mit 414 MW der größte deutsche Produktionsstandort für Wasserstoff werden, wenn neben den 100 MW von der bp noch weitere 300 MW durch die RWE realisiert werden.

Damit die Verteilung nicht mehr nur per Trailer möglich ist, wird Deutschlands erste Wasserstoff-Transportpipeline hier gebaut: Schon 2025 werden im Rahmen des Kerntransportnetzes die GET-H2 Leitungen der OGE, Thyssengas und Nowega in Betrieb gehen. Eine der längsten und wichtigsten wird 2027 einmal quer durchs Emsland führen. Es bleibt im Energieland Emsland also weiterhin spannend.