Moin, die Redensarten im Emsland sind so einzigartig wie die Region. Dat löppt wohl!
Nicht so hochdeutsch wie man denkt

Emsländisch – Deutsch, Deutsch – Emsländisch

Jedes Bundesland und jede Region hat so ihre Eigenarten – auch, was die Sprache anbelangt. Nun mag man denken, dass im nordwestlichen Emsland ein gepflegtes Hochdeutsch gesprochen wird. In großen Teilen ist das auch so, doch so manche Begriffe, Ausdrücke und Redewendungen sind dann halt doch „typisch emsländisch“.

Alles beginnt mit der Begrüßung. Gängig ist im Norden Deutschlands, und auch im Emsland sowie in der umliegenden Region, das knackige „Tach“, aber viel eher noch das „Moin“. Ein „Moin, Moin“ wird eher den Hamburgern und Schleswig-Holtsteinern zugeschrieben. Man bewahre den kleinen aber feinen Unterschied!

Der Abschied hingegen wird oft durch ein langgezogenes „Tschöö“ eingeleitet. Der Emsländer liebt seine kleinen Umlaute.

Nicht korrekt, im Emsland normal

Ebenso gerne wird der Ausdruck „etwas verloren bringen“ genutzt. Nicht-Emsländer mögen sich fragen, wie man einen Gegenstand „verloren bringen“ kann. Und weshalb überhaupt der Zusatz „bringen“? Dieses Mysterium wird jedoch „wohl“ nie geklärt werden.

Apropos „wohl“: Dieses kleine Wörtchen verbindet man im Deutschen eher mit dem Begriff „sich wohlfühlen“. Der Emsländer sieht das mal wieder ein bisschen anders. Hier wird das „wohl“ eher als schmückendes Beiwerk in einem Satz verwendet und oft gleichgesetzt mit den Begriffen „schon“ oder „anscheinend/augenscheinlich“.

Wer soll das nur verstehen?

„Das schockt nicht“. Die meisten denken bei diesem Satz sicherlich zu allererst daran, einen ordentlichen Stromschlag zu bekommen. Gemeint ist damit aber eher die Aussage: „Das macht keinen Spaß/Das finde ich nicht gut“. Ebenso in diese Reihe gehört die Redewendung „Der hat doch nicht mehr alle Latten am Zaun“ womit so viel gemeint ist wie „Der spinnt doch“.

Die emsländische Stadt Meppen ist übrigens in vielen Teilen Deutschlands bekannt – und ja, richtig gelesen: Meppen ist keine Maßeinheit, sondern eine Stadt. „Ich hab‘ eine Krawatte von hier bis nach Meppen“ zum Beispiel verleiht einer Situation Ausdruck, in der man sich gerade fürchterlich über eine Sache oder eine Person aufregt. Prinzipiell kann der Anhang „von hier bis nach Meppen“ jedoch für beinahe alles verwendet werden.

Let’s talk Platt

Da das Emsland nahe der ostfriesischen Grenze liegt und auch einige Ostfriesen zu früheren Zeiten in der Region heimisch geworden sind, ist eine Sache unumgänglich und gehört strikt zur emsländischen Brauchtumspflege dazu: Plattdeutsch – oder einfach nur „Platt“ genannt. Von dieser Sprache, die sich wie eine Mischung aus Deutsch, Englisch, Russisch, Niederländisch und Französisch beschreiben lässt, gibt es viele unterschiedliche Ausführungen – teilweise sogar von Nachbarort zu Nachbarort. Generell jedoch gehört Plattdeutsch, vor allem in den ländlichen Strukturen des Emslandes, noch zum „guten Ton“.

Wenn Ihnen jemand zum Beispiel bei der nächsten Grill-Fete einen meist übriggeblieben „Knust“ oder mehrere „Knusen“ anbietet, dann handelt es sich hierbei um die oft unliebsamen Endstücke eines Brotes oder Baguettes. Das Brot im Allgemeinen wird gerne „Stuten“ genannte, nicht zu verwechseln mit der Mehrzahl von weiblichen Pferden. Wenn Sie aber, etwa zum Sankt-Martins-Tag in der Bäckerei, einen „Stutenkerl“ angeboten bekommen, handelt es sich hierbei nicht um ein klassisches Brot, sondern um einen süßlichen Hefeteig in Form eines kleinen Mannes. Diesen gibt es oft auch in der Form einer Gans zu kaufen.

Schluss mit den Klischees

Über die Emsländer wird oft gesagt: „Wat de Bur nich kennt, dat frett he nich“. Zu Hochdeutsch heißt dies: „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht“. Dieses Sprichwort bezieht sich nicht nur auf alles, was sich außerhalb der gewöhnlichen Hausmannskost bewegt, sondern auf eine generelle Skepsis gegenüber neuen Dingen. Doch dieses Klischee ist genau das: eben nur ein Klischee. Dem emsländischen Volk wird gerne eine gewisse Zurückhaltung und Wortkargheit zugeschrieben. Doch meist reichen eine freundliche Begrüßung – am liebsten mit einem herzlichen „Moin“ – ein Handschlag über den Gartenzaun oder ein kleiner Grillabend und das Herz des Emsländers ist erobert.

Sollten Sie gerade erst in das schöne Emsland zugezogen sein: keine Bange! Sie gewöhnen sich schnell an den emsländischen Sprachgebrauch und er wird Ihnen schon bald, wie von allein, über die Lippen kommen. Für den Anfang hier noch ein paar typische Redewendungen:

  • „Pfui Deibel!“ – „Pfui Teufel!“
  • „löppt“ – „läuft“; beliebter Ausdruck für alles, was gerade positiv verläuft oder in Arbeit ist
  • „Horrido“ – Ist ein Ausruf, der vor allem im Kreise von Jägern verwendet wird. Er läutet aber nicht nur die Jagd ein, sondern oft auch die nächste Runde hochprozentige Getränke
  • „Möwe?“ – Ist die Kurzform für die Frage: „Möwie noch een?“ („Wollen wir noch einen trinken?“)
  • „Darf ich bei dir mit rausgucken?“ – Vor allem beliebt in der Schule. Heißt so viel wie: „Ich habe mein Buch vergessen. Darf ich mit in deines schauen?“
  • „Na denn man tau“ – „Na dann mal los“. Beschreibt die Situation, in der man sich aufrafft, etwas Neues zu beginnen und wird auch oft als Reaktion auf die Geschichte eines anderen verwendet (meist, wenn man nicht weiß, was man anderes sagen soll)
  • „Emskopp“ – „Emskopf“, also ein echter Emsländer
  • „Geh mal ums Haus drum zu“ – „Geh mal um das Haus herum“
  • „Wo kommst du denn wech?“ – „Von wo/Woher kommst du?“
  • „Ich geh mal in de Waagerechte.“ – „Ich gehe nun schlafen“
  • „Ich geh mal in die Senkrechte.“ – „Ich stehe nun auf.“
  • „Mit anpacken helfen“ – Aufforderung zur Nachbarschaftshilfe, um hinterher darauf anzustoßen
  • „Allemann liekuut“ – „Immer weiter geradeaus“; wenn jemand nach dem Weg fragt und der befragte Emsländer auch nicht so recht weiß wohin
  • „Schietwetter“ – „schlechtes Wetter“, also regnerisch, stürmisch und/oder kalt
  • „gut zufrieden sein“ – „nur“ zufrieden sein, reicht im Emsland nicht. Das Ganze wird hier stets ausgeschmückt – ein wenig redundant, aber hier gängig
  • „schlecht zufrieden“ – das Pendant zu „gut zufrieden“; übersetzt: „es geht jemandem nicht gut“.