Um das Thema Nachhaltigkeit kümmern sich Millionen hochspezialisierte Fachangestellte in Haren: die Honigbienen bei Röchling. Das Unternehmen hat die Völker gemietet. Für die Betreuung sind die Auszubildenden zuständig.
Warum Unternehmen Bienen mieten

In Haren brummt es

Immer mehr Unternehmen versprechen sich von firmeneigenen Bienenstöcken Imagepunkte im Bereich Nachhaltigkeit. Andere machen aus diesem Trend ein Geschäftsmodell und bieten Bienenvölker und Pflege als Komplettpaket zur Miete an. Die Harener Firma Röchling hat daraus ein eigenes Projekt für die Auszubildenden gemacht.

Beim Kunststoffspezialisten Röchling in Haren im Landkreis Emsland sind die drei Bienenvölker auf dem Firmengelände Teil eines Nachwuchsprojektes. Auszubildende aus allen Unternehmensbereichen kümmern sich um die Pflege der Bienen und ihrer Beuten, um die Ernte des Honigs und dessen Vertrieb. Gestartet ist das Projekt Ende 2019, nachdem die Firma eine Fläche an der Südseite des Standortes von der Stadt Haren erwarb. Neben den dort neu gebauten Produktionshallen blieb eine ungenutzte Freifläche. Die Idee, dort Bienenvölker anzusiedeln, entstand bei einem Vertriebsseminar – und fand Anklang bei der Geschäftsführung.

Imkern für Anfänger

„Viele Jugendliche können damit nichts anfangen", sagt Simon Schumacher. „Man denkt, Bienen sind uncool." Der 18-Jährige ist im dritten Lehrjahr seiner Ausbildung zum Verfahrensmechaniker bei Röchling und war von Anfang am Projekt beteiligt. Dessen Reiz sieht er nicht nur darin, sich um die Bienen zu kümmern. Es seien Wissen und Fertigkeiten aus mehreren Bereichen gefragt, von der Fertigung bis hin zu Marketing und Vertrieb.

Neben interessierten Azubis meldeten sich vier Hobbyimker aus der Belegschaft, die das Projekt als Paten betreuen. Einer von ihnen ist Heiner Tieben, bei Röchling in der Entwicklung beschäftigt. „Da sind viele fachliche Sachen, die zu beachten sind“, sagt der Hobbyimker, der privat sechs Bienenvölker hält. Wer Bienen züchten will, müsse einige rechtliche und bürokratische Auflagen beachten. „Bienen sind Nutztiere. Ein Nutztier muss beim Landkreis angemeldet werden.“ Zudem musste die zuvor stark gedüngte Wiese gemäht, der Schnitt abgefahren und eine geeignete Blühmischung angepflanzt werden. Experten vom Deutsch-Niederländischen Bienenzentrum in Haren und vom Landkreis Emsland prüften die Gegebenheiten vor Ort, letzter stellte über eine Förderung einen Teil des Saatgutes.

Die Auszubildenden bauten aus den Kunststoffplatten, die am Standort in Haren hergestellt werden, eigene Bienenkästen, die sogenannten Beuten, und dazu eine Hütte für die Lagerung der Materialien. Einige erhielten dafür zuerst einen Schweißerlehrgang, andere arbeiteten mit dem Produktdesigner zusammen, der die Beuten am PC entwarf. Mit ein paar Monaten Verspätung standen im Sommer 2020 drei Bienenvölker auf dem Firmengelände, erworben vom Harener Bienenzentrum.

Seither kümmern sich die Azubis in Kleingruppen mit jeweils einem Imkerpaten abwechselnd um ihre Bienen. Im Sommer statteten sie ihnen alle neun Tage einen Besuch ab, nach Ende des Bienenjahres im Herbst seltener. Im September wurden die Völker gegen die Varroamilbe behandelt, die Drohnenbrutwaben entfernt, in denen sich dieser Schädling am liebsten einnistet, und das Winterfutter verteilt.

Nach Ansicht von Projektleiterin Lena Telgen kann der Unternehmensnachwuchs bei dem Projekt wertvolle Erfahrungen sammeln – auch, dass Vorhaben auch mal „in die Hose gehen“ können. Ein größerer Rückschlag kam im Frühjahr dieses Jahres: Eine Königin verendete, ihr Volk zog keine neue nach – ein Totalverlust. „Das passiert Jungimkern ganz schnell“, sagt Imkerpate Tieben.

Die beiden verbliebenen Völker haben in diesem Jahr allerdings „gut Honig gemacht“, betont Tieben. Zwischen 25 und 30 Kilo konnten die Auszubildenden aus den Waben schleudern und abfüllen. Der Honig wird in Gläsern mit selbst entworfenem Etikett an Kunden und Mitarbeiter verschenkt – mit durchweg positiven Reaktionen, sagt Lena Telgen.

Bienenvölker mieten zum Pauschalpreis

Bienen halten und damit das Firmenimage aufbessern - für den Hobbyimker Dieter Schimanski war das anfangs eher eine „Spaß-Idee“, sagt er. 2015 hat der Ganderkeseer das Unternehmen Bee-Rent gegründet. Das Konzept: Für einen Pauschalbetrag stellt Bee-Rent Bienenvölker auf dem Grundstück des Kunden auf, kümmert sich um die anfallende Bürokratie für die Nutztiere und stattet ihnen zehn bis 15 Besuche pro Jahr ab. Das Unternehmen übernimmt auch die Honigernte und das Abfüllen in Gläser. Einmal im Jahr bekommen die Kunden dann den Honig ihrer eigenen Bienen. „Schöner können Sie gar nicht kommunizieren, dass Sie nachhaltig aktiv sind“, sagt Schimanski. Heute betreut Bee-Rent rund 1000 Bienenvölker bei deutschlandweit etwa 500 Kunden, darunter neben Unternehmen wie Amazon und Telekom auch Vereine, Schulen und Privatleute.

„Das ist nichts, was man kaufen kann“, sagt  Bee-Rent-Chef Dieter Schimanski. Honig von den eigenen Bienen, die direkt am Firmensitz ausschwärmen und dabei tausende Blüten bestäuben – das sei persönlicher und regionaler, als ein Zertifikat für im Regenwald gepflanzte Bäume. Seiner Einschätzung nach steckt auch weiterhin Potenzial in diesem Geschäftsmodell. Und der Trend zeige bereits Wirkung: „Der Honigbiene geht es besser“, meint Schimanski. „Für die Natur ist das das Optimalste.“