Ein Dorf voller Nikoläuse, Mini-Winterwunderwelten in Riesen-Dimensionen, zweifelhafte Sitten, schöne alte Bräuche und eine gute Idee für den Zeitvertreib zwischen den Jahren: Hier eine Winterreise durch die Region.
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Ein Dorf voller Nikoläuse, Mini-Winterwunderwelten in Riesen-Dimensionen, zweifelhafte Sitten, schöne alte Bräuche und eine gute Idee für den Zeitvertreib zwischen den Jahren: Hier eine Winterreise durch die Region.
Im nördlichen Emsland soll jedes Kind vom Nikolaus besucht werden. Damit das funktioniert, gibt es einige eigene Vereine. Generalstabsmäßig werden die Überaschungen geplant. Schon Monate im Voraus sind die Süßigkeiten bestellt. Frisch gereinigt werden die Kostüme und die Routen der Rotröcke müssen detailliert aufgeteilt sein. Zu keinem Zeitpunkt dürfen nämlich zwei Nikoläuse in einer Straße unterwegs sein.
Ein Wald voller Kunstbäume und eine ganze Welt voller Weihnachtshäuser baut die Gartenwelt Emsbüren schon im Spätsommer auf. Das Highlight der rund 4.000 Quadratmeter großen Ausstellung ist die riesige Miniaturwelt. Dort drehen sich winzige Skilifte, klettern Nikoläuse an Fassaden herauf und drehen Damen Zuckerwatte in den Weihnachtsmarktbuden. Die Vielzahl an fantasievollen Figuren, detailverliebten Gebäuden und Beleuchtungen bringen kleine und große Gäste in Weihnachtsstimmung.
Um die Weihnachtsstimmung kommt schon seit Herbst nicht mehr vorbei, wenn man über die Grenze fährt. Direkt hinter Nordhorn gibt es das weit über die Region hinaus bekannte Gartencenter Oosterik. Hier trällern Pinguine, Nikoläuse und Rentiere schon seit September Jingle Bells. Auf den 50.000 Quadratmetern findet jeder seine passende Weihnachtsdekoration - möge der Geschmack auch noch so ausgefallen sein. Besonders beachtlich ist die riesige Auswahl an Christbaumschmuck.
Bleiben wir kurz in Holland. Zwei Kilometer hinter dem Grenzübergang bei Dörpen liegt die Festung Bourtange. Das einzigartige historisches Verteidigungsbauwerk sucht seinesgleichen. Vor allem in der Weihnachtszeit. Manche meinen, hier sei der schönste Weihnachtsmarkt in den Niederlanden. Zumindest ist die Kulisse aus dem Jahr 1742 ganz besonders. Die gesamte Festung ist beleuchtet, die Brücken und Zufahrtsstraßen sind mit Tausenden von Lichtern geschmückt und auf den Wällen stehen Dutzende von beleuchteten Weihnachtsbäumen. Knapp 100 Stände, die sich auf die verschiedenen Plätze und Bastionen verteilen, bieten an den ersten drei Adventswochenenden ein vielfältigstes Weihnachtssortiment.
Das Schloss Clemenswerth in den Hügeln des Hümmling kann da ganz gut mithalten. Das barocke Bauwerk taucht am zweiten Adventswochenende in ein weihnachtliches Lichtermeer und lädt mit zahlreichen Ständen zum Bummeln durch die sternförmige Anlage ein. Drehorgelspieler, Puppentheater und Kunsthandwerker bevölkern das Jagdschloss. Und für die Fans von Wildbret gibt es Samatsgabend sogar eine Live-Zerlegung von Rehwild.
Heißen Glühgin, eiskalte Cocktails und scharfe Kufen gibt es auf den Weihnachtsmärkten in Lingen und Meppen. Dort werden jedes Jahr Eisbahnen aufgebaut und auch Wettbewerbe im Eisstockschießen ausgetragen. An manchen Abenden legen auch DJs auf und verwandeln den Weihnachtsmarkt in eine innerstädtische Großraumdisco.
Laut ist auch dieser uralte Brauch: das Beiern. Das Beiern ist ein jahrhundertealter, besonders im Nordwesten Europas weit verbreiteter Brauch. Der Ursprung des Wortes liegt im Alt-Französischen baier, was „Bellen“ oder „Anschlagen“ bedeutet. Beim Beiern werden nämlich die Kirchenglocken von Hand geschlagen. Während in der benachbarten Grafschaft vor allem an Neujahr kräftig und vor allem nachts zu Neujahr gebeiert wird, behält man sich im katholischen Lengerich diese Tradition für Fronleichnam vor.
Schon die heidnischen Germanen haben die Wintersonnenwende mit dumpfen Tönen aus großen Blasinstrumenten begrüßt. Noch heute sind in der Mitte des Winters die Middewinterhornbläser mit ihren archaischen Instrumenten unterwegs. Bei klarem und frostigem Wetter sind die Hörner kilometerweit zu hören.
Wenn die Geschenke ausgepackt, der Braten aufgegessen und die Verwandtschaft verabschiedet ist, trifft sich mancher Emsländer am zweiten Weihnachtsfeiertag zum “Stephanussteinigen”. Nicht, um dem christlichen Märtyrer zu gedenken, sondern sich die Feiertage beim Frühschoppen durch den Kopf gehen zu lassen. In römisch-katholisch geprägten Gegenden existierten bis weit in das 20. Jahrhundert zahlreiche Bräuche, die am 26. Dezember auf den Heiligen und seine Todesumstände Bezug nehmen. Nach dem Kirchgang wurden dazu bestimmte Trinkrituale durchgeführt.
Direkt über dem Feuer und mit ganz heißem Eisen wurden die Neujahrskuchen früher gebacken. Jede Familie hatte ein eigenes Muster, manche kunstvolle Motive als Form für den dünnen Teig aus geschmolzenem Kandis, Mehl und Butter. Das Backen der Hörnchen, durch die man idealerweise fast durchsehen kann, ist eine zeitraubende Tätigkeit und wurde früher an den ruhigen Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr eingeplant.
Hier geht es nicht ums Wandern: Am Neujahrstag tingeln noch heute viele Trüppchen durch die Straßen und gerne von Haus zu Haus, um persönlich “Full Glück int neue Joahr” zu wünschen. Dafür geben die Gastgeber natürlich auch gerne einen aus.