„Letztlich geht es sehr oft auch darum, gemeinsam bei einem Kaffee ins Gespräch zu kommen, spazieren zu gehen und einfach da zu sein.“ Georg Lampe, Geschäftsstelle
Nachbarschaftshilfe Meppen e.V.

Nachbarschaftliche Hilfe auch ohne Nachbarn

Nachbarn. Ein Wort und ungleich viele Assoziationen. Vom gelegentlichen Grüßen bis hin zu gemeinsamen Straßenfesten könnte die Bandbreite dieser zwischenmenschlichen Beziehung kaum vielfältiger sein. Dabei ist ein Nachbar ja zunächst einmal jemand, der „nebenan“ wohnt. Die räumliche Nähe ist also ausschlaggebend für diese Beziehung. Gleichwohl kann das „nebenan“ in einem Flächenlandkreis wie dem Emsland durchaus unterschiedliche Ausprägungen haben: Tür an Tür genauso wie mehrere Hundert Meter entfernt.

Im Urlaub die Blumen gießen, die Mülltonne an die Straße stellen oder ein Sofa schleppen - alles Dinge, für die man gerne mal seinen Nachbarn fragt. Gerade in ländlichen Gebieten spielen Nachbarn eine große Rolle. Nachbarn sind zur Stelle und am schnellsten vor Ort. Die ältere Generation weiß vor allem um den Wert der Nachbarschaftshilfe. Was aber, wenn keine Nachbarschaft mehr vorhanden ist? Und Nachbars Hilfe im Alter umso wichtiger wäre?

Ehrenamtliche Nachbarn ersetzen Nachbarschaft

„Dann ersetzen wir die Nachbarschaft“, war die Antwort von Franz Holtgreve, einem der Gründer des Nachbarschaftshilfevereins Meppen e.V. Seine Idee fußte auf dem Gedanken, dass ältere Menschen im Alltag eine Anlaufstelle haben sollten. Denn es sind oftmals die kleinen Dinge, die zur großen Hürde werden können. Glühbirnen auswechseln, ein Smartphone einrichten oder den Rasen mähen. Zur Apotheke fahren oder im Winter den Gehweg räumen. „Ältere Menschen möchten so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben. Ihre Eigenständigkeit und Selbstbestimmung bewahren. Wenn kein Nachbar aushelfen kann, dann müssen wir eben neue Nachbarn schaffen.“

Holtgreve ließ sich von politischen und finanziellen Hürden nicht klein kriegen. Er hielt an seiner Idee fest und konnte sie letztlich umsetzen: Im März 2017 wurde der Nachbarschaftshilfe Verein Meppen e.V. gegründet. Mit durchschlagendem Erfolg.

Mitgliederzahl ist explodiert

Mit 41 Mitgliedern bei der Gründung gestartet, hatte sich die Mitgliederzahl nur ein Jahr später verneunfacht. Heute zählt der Verein 723 Mitglieder. Tendenz steigend. „Manchmal fühlen wir uns eher wie ein Unternehmen“, scherzt der Leiter der Geschäftsstelle, Guido Sundag. Er koordiniert und priorisiert die Anfragen, kümmert sich um Schriftverkehr und Rechnungen. Alleine ist das seit diesem Jahr nicht mehr zu bewältigen. Eine zweite Kraft unterstützt ihn nun bei seinen Aufgaben.

„Aus Versicherungsgründen sind unsere ehrenamtlichen Helfer Mitglied im Verein. Und um unsere Hilfe in Anspruch nehmen zu können, muss man natürlich auch Mitglied sein.“, erklärt Holtgreve. Drei Euro beträgt der monatliche Beitrag. Pro Stunde werden pauschal neun Euro in Rechnung gestellt. „Unser Verein trägt sich selbst. Aber kostenlos können wir die Hilfe nicht anbieten. Versicherungsbeiträge sind zu zahlen, die Aufwandsentschädigungen oder die Miete“, erklärt Sundag. Denn Helfer erhalten für ihre Dienste eine steuerfreie Aufwandsentschädigung.

Knappe 100 Ehrenamtliche sind für die Nachbarschaftshilfe im Einsatz. Das Gros besteht aus Ruheständlern, die eine sinnvolle Aufgabe suchen - aus dem Arbeitsleben ausgeschieden und dennoch für die Gesellschaft aktiv.  „Wenn ich morgens aufwache, dann weiß ich, es sind schon viele Helferinnen und Helfer da draußen unterwegs. Das ist ein schöner Gedanke, der mich mit Stolz erfüllt“, so Holtgreve.

Eine Nachbarschaft „ersetzen“, dem Struktur- und demografischem Wandel die Stirn bieten, Menschlichkeit zeigen. Emsländer beweisen mit dem Nachbarschaftshilfeverein in Meppen wieder einmal Mut und Tatkraft.