„Ich möchte gerne neue Sachen wagen. Denn Kultur muss kratzen und Neues präsentieren.“ Ansgar Ahlers bei der „Emslandlounge“ auf der „nordmedia Talk and night“ im Februar 2019 © Thiago Vargas Ahlers
Ansgar Ahlers möchte dem Emsland etwas zurückgeben

Vom internationalen Filmbusiness zurück in die Heimat

Berlin, Blitzlichtgewitter, fragende Reporter und internationale Filmstars: Diese Situation kennt Ansgar Ahlers sehr gut. 2001 war er mit dem Kurzfilm Covered with Chocolate für einen Goldenen Bären auf der Berlinale nominiert. Damit begann der Erfolg erst so richtig. Eins hat Ahlers aber in dieser Zeit nicht vergessen: Seine emsländische Heimat.

Geboren 1975 begann Ahlers sich früh für die Filmbranche zu interessieren. Schon in seiner Schulzeit auf dem Gymnasium in Papenburg initiierte er eine Video-AG. Seinen ersten eigenen Film konnte er 1996 in seiner Heimatstadt zeigen, mit der vollen Unterstützung des damaligen städtischen Kulturdezernenten Dr. Rainer Krieger – eine Position, die - wie sich im weiteren Verlauf von Ahlers Leben zeigt – noch viel mehr Bedeutung bekommen wird. 

Für Ahlers kam somit nur ein beruflicher Werdegang in Frage: Filmemacher. Ein Studium an der Filmhochschule in Ludwigsburg sollte es sein. „Damals wurden rund 100 Kandidaten von ca. 700 Bewerber eingeladen, obwohl nur 30 Plätze vergeben wurden“, erinnert sich Ahlers. Gereicht hat es nicht, allerdings kam der Schulleiter nach Ende des Vorstellungsgesprächs auf den gebürtigen Aschendorfer zu. „Er meinte, ich solle erst einmal Erfahrung sammeln – die hatte ich bis dahin nicht, aber wurde trotzdem unter 700 Bewerbern eingeladen.“

Durch einen glücklichen Zufall drehte Hape Kerkeling 1996 den Film Willi und die Windzors in Ahlers Heimatstadt Papenburg. Hier wollte der junge Mann punkten und Erfahrungen sammeln. „So lief ich einige Zeit einfach am Set rum und versuchte Kontakte zu knüpfen. Irgendwann fragte Hape Kerkeling dann: ‚Was machst du überhaupt hier?‘ und ich antwortete, dass ich hier arbeiten möchte.“

Vom Regieassistenten zum Spielfilm-Regisseur

Das war der Start in das Filmbusiness für Ahlers. Für ein Praktikum in der Produktionsfirma verließ er seine Heimatstadt und ging nach Berlin. Dort lernte er die Regieassistentin Eva-Maria Schönecker kennen, die seine Mentorin wurde. „Von ihr habe ich sehr viel gelernt“, resümiert Ahlers. In Berlin arbeitete er an bekannten Produktionen wie Alarm für Cobra 11 oder dem Spielfilm Luther mit. „Ich bin als Runner angefangen und habe mich hochgearbeitet. Als Regieassistent heißt es aber dann nicht nur Kaffee holen, sondern dafür zu sorgen, dass die Schauspieler mit den historischen Kostümen zur richtigen Zeit am Spielort im Wald sind.“ In diese Zeit fällt auch sein eigenes Engagement, u.a. die Gründung einer Produktionsfirma und der Film Covered with Chocolate – Von innen sind alle gleich, der auf der Berlinale 2001 für einen goldenen Bären nominiert war. „Das Projekt habe ich aus eigener Tasche bezahlt. Durch das Präsentieren im Wettbewerb sind aber die Leute auf mich aufmerksam geworden“, erläutert Ahlers. Ein Studium an einer Filmhochschule kam ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Frage.

Weitere Filme und Projekte, darunter auch Museumsfilme für die Meyer Werft Papenburg, das Universum in Bremen, die BMW-Welt oder Hannover Airports, folgten und immer auch Ehrungen, beispielsweise der renommierte Friedrich-Wilhelm-Murnau Kurzfilmpreis. „Mein Traum war es aber immer, einen eigenen Spielfilm zu produzieren. Das ist aber sehr, sehr schwer“, erklärt Ahlers. Trotz vieler Drehbuchförderungen war es nicht einfach, einen ersten Spielfilm zu realisieren. Erst eine weitere Spielfilmidee, die 2006 bei einem Dreh in Brasilien entstand, führte zur Umsetzung des ersten Spielfilmes in 2014.

Unter anderem durch die Beteiligung von Disney Brasilien konnte Bach in Brazil, einer musikalischen Komödie mit einem Plädoyer für ein vorurteilfreies und interkulturelles Denken, ab 2016 in Kinos in Deutschland und Brasilien gezeigt werden.

 

Heimat nie aus den Augen verloren

Während der gesamten Zeit hat Ahlers aber nie seine emsländischen Wurzeln vergessen. Immer wieder realisierte er auch Filmprojekte in und um Papenburg. 2017 kehrte er dann vollends in seine Heimatstadt zurück: Als Kulturreferent ist Ahlers mittlerweile bei der Stadt Papenburg für Theater, Musik und kulturelle Veranstaltungen tätig. Warum er die große Filmbühne in Berlin und Co gegen das beschauliche und ruhige Emsland eingetauscht hat? „Hier kann man etwas bewegen!“ Nicht nur, dass es seitens der Veranstaltungsorte „schöne Spielwiesen, wie das Forum Alte Werft, die Kesselschmiede oder das Gut Altenkamp“ gibt, auch die Mentalität der Emsländer sagt dem Regisseur zu: „Hier kann man viel in kürzester Zeit umsetzen.“ Einen Schwerpunkt legt er dabei auf die Jugendarbeit und Talentförderung. „Ich möchte Jugendliche mehr an die Kultur heranführen, dazu gab es viele Pilotprojekte, die sich nach und nach etablieren.“ Ahlers verweist beispielhaft auf die Poetry School, eine Vorstufe des Poetry Slam, bei dem Texte von jungen Schülern von jungen, renommierten Schauspielern vorgetragen werden, oder auf die Veranstaltungsreihe Classic vs. Pop, bei der junge und talentierte Musiker ihr Können unter Beweis stellen. 

Mit seinen Projekten möchte er aber nicht nur Papenburg bereichern, sondern organisiert emslandweit Veranstaltungen. „So kam es beispielsweise vor, dass eine Musikergruppe erst in der Hamburger Elbphilharmonie spielte und dann zwei Konzerte in Lingen und Papenburg gab“, freut sich Ahlers. Bei der Zusammenarbeit mit Kollegen aus dem Emsland (und dem Versuch, auch niederländische Kontakte zu knüpfen) ist ihm aber eine Sache wichtig: „Ich möchte den Leuten nicht nur Dinge aus dem Katalog bieten, sondern direkt etwas Frisches aus der Szene, zum Beispiel Neuinterpretationen von Klassik, Neuinszenierungen von Theaterstoffen oder aktuellen Themen. Oder junge internationale Talente ins Emsland holen, die mit Schülern Projekte realisieren, wie das diesjährige Theaterprojekt The world today des Inders Nishant Kumar, das am 30. Juni im Theater in Papenburg seine Premiere feiern wird.“ 

Der Region etwas zurückgeben

„Dank meiner vielen Kontakte aus der Filmzeit zu Musikern, Theatergruppen und anderweitig Kulturaktiven, kann ich hier viel umsetzen“, sagt Ahlers. Seine Motivation ist dabei eine ganz simple: „Ich versuche der Region ein bisschen was zurückzugeben.“ Seine Ursprünge liegen im Emsland, hier sind seine ersten Unterstützer und Erfolge gewesen. „Ich habe nie eine Filmhochschule besucht. Ich habe es direkt von der Pike auf gelernt. Das ist der härtere Weg.“ Der Erfolg gibt ihm in seiner Lebensidee aber Recht. Dabei hilft auch seine Einstellung auf neue Dinge: „Ich möchte gerne neue Sachen wagen. Ich bin es gewohnt ins Wasser zu springen und zu schwimmen. Ich gehe lieber ein Risiko ein, als mich nicht getraut zu haben. Denn Kultur muss kratzen und Neues präsentieren.“