Das Klischee, bei Informatik hocken Männer in irgendwelchen Kellern vor dem Rechner, stimmt nicht, sagt Alina Hüsing, die sich mehr Frauen in ihrer Branche wünscht.
Alina Hüsing studiert Informatik in Lingen

Noch allein unter Männern

Informatik ist nur etwas für Männer und Frauen werden eher Grundschullehrerin: Mit diesem Klischee räumt Alina Hüsing aus Spelle gründlich auf. Die 25-Jährige studiert am Campus Lingen Wirtschaftsinformatik.

Nach ihrem Abitur 2016 begann Hüsing ein duales Studium der Betriebswirtschaftslehre am Campus Lingen, das sie 2019 mit dem Bachelor abschloss. Danach begann sie beim Personaldienstleister Adecco zu arbeiten. „Ich konnte mit einer firmeninternen Software gut umgehen“, sagt Hüsing. Deshalb habe ihr Arbeitgeber sie in ein Schulungsteam geholt, dass den anderen Mitarbeitern die Software näher bringen soll. „Dadurch bin ich auf Informatik gestoßen“, erklärt Hüsing.

2020 beginnt sie am Campus Lingen ihr Vollzeitstudium Wirtschaftsinformatik. Einen Unterschied zu ihrem BWL-Studium stellt sie direkt zu Beginn fest. „Bei BWL waren wir gleich viel Frauen und Männer. Jetzt bin ich die einzige Frau unter rund 30 Männern“, sagt Hüsing, die mit diesem Umstand ihre eigenen Erfahrungen gemacht hat. „Da kriegt man ein paar andere Einsichten mit“, meint die 25-Jährige lachend.

Anfangs nicht ernst genommen und unterschätzt

So würden viele der Männer unstrukturierter als Frauen an Gruppenarbeiten herangehen. „Das pendelt sich bei denen erst später ein“, meint Hüsing. Sie habe sich zwar keine Sprüche anhören müssen, aber anfangs bei einzelnen schon gemerkt, dass sie nicht so ernst genommen und unterschätzt wurde. „Da musste ich schon zeigen, dass ich etwas kann“, blickt Hüsing zurück.

Doch das hat sich geändert. „Ich bin mittlerweile als Tutorin tätig und werde, wenn es Probleme gibt, gefragt und um Hilfe gebeten“, sagt Hüsing. Jetzt sei sie voll anerkannt und habe mittlerweile viele gute Freunde unter ihren neuen Kommilitonen gewonnen. „Ich bin nicht traurig, allein unter Jungs zu sein“, sagt Hüsing.

Arbeitsmarkt für Informatiker im Emsland

Trotzdem würde sie es schön finden, wenn mehr Frauen in ihrem Studiengang wären. „Ich würde mir wünschen, dass sich mehr junge Frauen trauen würden, Informatik zu studieren“, sagt Hüsing. „Das Klischee, bei Informatik hocken Männer in irgendwelchen Kellern vor dem Rechner, stimmt nicht“, versichert die 25-Jährige.

Im Gegenteil: „Mir macht Informatik sehr viel Spaß. besonders das Programmieren und Mathematik“, sagt Hüsing. Dabei habe sie früher immer das Gefühl gehabt, Mathe gar nicht zu können. „In der Schule stand ich da nur immer zwischen einer Zwei und einer Drei“, gibt Hüsing zu. Damit macht sie jungen Frauen, deren Mathenoten ebenfalls nicht überragend sind, Mut, trotzdem ein Studium wie Informatik zu beginnen.Derzeit ist die 25-Jährige im vierten Semester und schreibt schon an ihrer Bachelorarbeit. „Eigentlich dauert das Studium sechs Semester. Aber weil es Wirtschaftsinformatik ist, konnte ich mir vieles aus meinem BWL-Studium anrechnen lassen“, erklärt Hüsing. Wenn sie ihren zweiten Bachelor in der Tasche hat, möchte Hüsing noch einen Master drauflegen. „Über den genauen Studiengang bin ich mir noch nicht klar, aber in jedem Fall im Bereich Informatik“, sagt Hüsing.

Auch langfristig hat die Spellerin schon konkrete Vorstellungen. „Ich möchte auf jeden Fall im Emsland arbeiten“, bekundet sie ihre Heimatverbundenheit. Hier gebe es große interessante Unternehmen, die über große IT-Abteilungen verfügen. „Es gibt im Emsland einen Arbeitsmarkt für Informatiker, wo ich hingehen kann“, ist sich die 25-Jährige sicher. Warum es Hüsing nicht in die Ferne zieht? „Ich spiele beim SC Spelle-Venhaus Volleyball und bin Betreuerin beim Zeltlager der katholischen Kirchengemeinde“ sagt sie. Letzteres begründet sie auch damit, dass sie der Gesellschaft etwas zurückgeben will. „Schließlich bin ich als Kind selbst mit ins Zeltlager gefahren“, sagt sie.

Dass das anfangs erwähnte Klischee von Informatik als Männerberuf und Frauen als Grundschullehrerin für Hüsing nicht stimmt, wird auch privat bei der angehenden Wirtschaftsinformatikerin deutlich. Sie erklärt mit einem Augenzwinkern: „Mein Freund und ich machen ein bisschen auf verkehrtes Rollenbild. Er wird nämlich Grundschullehrer.“